Die Motivation


Warum die Initiative das menschliche Unternehmen?

Dazu muss ich eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte, die Spuren hinterlassen hat.


Ich war zur damaligen Zeit Leiter Qualitäts- und Umweltmanagement in einem traditionsreichen Produktionsunternehmen mit fast 180 jähriger Geschichte. Wie alle Führungskräfte hatte ich eine persönliche Zielvereinbarung, die sich aus den Unternehmensergebnisse und individueller Zielerreichung zusammensetzte. Eine übliche Vorgehensweise. So ging ich im Herbst auf beide Geschäftsführer zu. Ziel war zum einen meine persönlichen Ziele für das neue Geschäftsjahr abzusprechen, als auch über die Grundvergütung zu reden. Da man keine eigenen Ziele benennen konnte, bat man mich um Vorschläge, was ich denn so erreichen könnte. Über eine mögliche Anhebung meiner Bezüge aufgrund guter Leistung versprach man mir nachzudenken. So gingen wir auseinander.

Leider für lange Zeit.


Anfang Dezember übermittelte ich per eMail meine Zielvorschläge. Und versuchte dann kurzfristig einen gemeinsamen Termin zur endgültigen Klärung zu erhalten. Die Terminvereinbarung gestaltete sich schwierig. Diverse Termine wurde von Seiten des Vorstands kurzfristig abgesagt. So ging das mehrere Monate. Mitte März schließlich versprach mir die Sekretärin des Vorstands einen neuen Termin.


Pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt klopfte ich an die Tür eines der Geschäftsführer, öffnete und warf einen Blick hinein. Der Geschäftsführer, sein Mobiltelefon am Ohr, machte eine entschuldigende Geste. Ich verstand und zog mich zurück. So ging ich eine Tür weiter zum zweiten Geschäftsführer. Ich klopfte wieder, öffnete auch hier die Tür und sah hinein. Er saß mit drei weiteren Führungskräften in ernsten Diskussionen vertieft. „Herr Ahlheit, gehen Sie doch schon mal nach Nebenan und fangen sie schon an. Ich komme gleich dazu.“


So blieb ich auf dem Gang und wartete auf das Ende des Telefonats meines Vorgesetzten. Aber die Zeit verging, 10 Minuten, 15 Minuten, 25 Minuten. Ich überlegte zwischenzeitlich nochmals zu klopfen, was ich aber nicht tat. Nach 28 Minuten beschloss ich, lange genug gewartet zu haben. Und ging…


…und habe mich gleichzeitig entschlossen die Initiative zu gründen!




Die Motivation

oder

…gebt mir nur einen Grund!




Nun werden sie sich sicherlich Fragen. Warum verlässt der Mann das Unternehmen? Nur weil er 28 Minuten vor der Tür seiner Vorgesetzen gestanden hatte? Warum hat er nicht einfach noch einmal geklopft? Und warum ist das der Grund eine Initiative zu gründen?


Ich werde versuchen das zu beantworten.


Natürlich hätte ich noch einmal an die Tür klopfen können. Doch hätte ich das wirklich tun sollen? Oder sogar müssen? Ich denke nicht. Es ist aus meiner Sicht ein Akt der Höflichkeit, nicht zu aufdringlich zu sein und alle paar Minuten an der Tür des Vorgesetzten zu klopfen um festzustellen, ob er noch telefoniert (Es war übrigens von außen nicht zu hören, ob das Gespräch zwischenzeitlich beendet worden war, da unsere Vorstandszimmer hervorragend isoliert waren).

Ich glaube allerdings auch, dass es ein Akt der Höflichkeit ist, ein Telefonat möglichst schnell zu beenden, wenn man mit einem Mitarbeiter, Kollegen oder einem Geschäftspartner einen Termin hat. Das gilt nicht nur für Mitarbeitergespräche, sondern natürlich für jede Art von Verabredung.


Stellen Sie sich nur einmal vor, sie haben eine Verabredung mit ihrer neuen Freundin. Sie haben sie zum Essen bei sich eingeladen. Sie klingelt pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt. Aber kurz vorher ruft ihre Mutter an. Sie gehen mit dem Telefon zur Tür, öffnen diese einen Spalt weit, zeigen ihrer neuen Freundin das Telefon, zucken entschuldigend mit den Schultern und schließen die Tür wieder.


Frage: Würden sie so etwas tun? Sicherlich nicht. Oder doch?


Ich bin der festen Überzeugung, dass man so etwas nicht tut. Natürlich gibt es immer Notfälle, in denen man wirklich wichtige Dinge klären muss. Aber es gibt dafür auch ganz klare Möglichkeiten.


1.Man beendet sofort das Telefonat.


2.Man bittet den eingeladenen Gesprächspartner um einen kleinen Aufschub und beendet das Telefonat innerhalb der nächsten paar Minuten. Sollte das nicht möglich sein, gibt es die folgende Alternative:


3.Man erklärt seinem Gesprächspartner am Telefon die Situation, dass man jetzt einen Termin hat, den man aber verschieben kann. Dafür braucht man lediglich eine halbe Minute. Das wir jeder Gesprächspartner verstehen, da er sicherlich bereits in einer ähnlichen Situation gewesen ist. Also legt man das Telefon beiseite, steht auf und erklärt auch seinem wartenden Gesprächspartner vor der Tür die Besonderheit der Situation. Man wird Verständnis dafür haben.


Damit wäre allen geholfen. Aber man kann natürlich auch so reagieren, wie mein Vorstand in diesem Fall reagiert hat. Für mich ist das eine Frage des Respekts. Ich habe drei Monate auf diesen Termin gewartet. Insgesamt wurde der Termin von Seiten des Vorstands bis zu diesem Zeitpunkt sieben (!) Mal verschoben. Beim achten Termin lässt man mich fast eine halbe Stunde warten. Ohne das man sich um mich kümmert. Die Botschaft die hinter dieser Verhaltensweise lautet:

Dieser Mitarbeiter interessiert mich nicht.


Ich kann mich noch an eine andere Begebenheit während eines Vorstellungstermins erinnern. Mittelstand, traditionsreiches, inhabergeführtes und erfolgreiches Unternehmen. Die Personalleiterin ließ mich über eine Stunde und 15 Minuten warten. Ohne persönlich kurz zu erscheinen. Ich wurde lediglich von einer Sekretärin zwischenzeitlich informiert, dass es dauern würde. Ich war damals noch jung und habe gewartet. Heute wäre ich, richtiger Weise, nach einer halben Stunde gegangen, denn auch hier zeigt sich ein entsprechendes Verhalten, von dem man annehmen muss, dass es in der täglichen Arbeit immer so sein wird. Verschwendung von Ressourcen, Unhöflichkeit gegenüber eingeladenen Gesprächspartnern. Im Nachhinein bin ich froh dort nicht arbeiten zu müssen.


Warum also diese Initiative? Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen ärgert mich die Inkompetenz und die Ignoranz so mancher Führungskraft. Und mich ärgert die Verschwendung von wichtigen Ressourcen, die damit einhergehen. Es gibt leider in Wirtschaft und Industrie viel zu viele Menschen die so oder ähnlich denken und handeln. All jenen möchte ich zurufen: „Ändert Euch!“ Denn ich bin der festen Überzeugung, dass man mit Menschlichkeit und Fairness auch im harten Berufsalltag sehr viel weiter kommt, als mit Druck, Ungerechtigkeiten, Ignoranz oder Hinterhältigkeit. Reagiert man dagegen mit Offenheit, Herzlichkeit und Verständnis, werden Mitarbeiter zu Höchstleistungen angetrieben. Es ist Aufgabe von uns, als Vorgesetzte wie auch Kollegen, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen.


Die Initiative verfolgt damit zwei Ziele. Erstens Menschen ein vernünftiges Arbeitsumfeld zu ermöglichen. Zweitens dem Unternehmen Ressourcen zu sparen und zielgerichtet einzusetzen.


Ein wesentlicher Aspekt ist dabei das Denken. Weit vor dem handeln sollte man Denken, Nachdenken, Abwägen, Planen. Das gilt sowohl für das Tun, wie auch für das Reden. Und um Dieter Nuhr zu zitieren: „wenn man nichts zu sagen hat, einfach mal das Maul halten.“. Denn, um schnell noch eine letzte Phrase zu zitieren: „Worte sind wie Steine, wenn sie treffen, tun sie weh!“

Kern der Initiative „das menschliche Unternehmen“ sind die Erfahrungsberichte, die Beispiele aus der beruflichen Praxis. Die allermeisten habe ich selbst erlebt oder war in Unternehmen bei denen Kollegen die beschriebenen Vorfälle durchmachen mussten. Die überwiegende Anzahl der Beispiele sind negativ, weil in Fehlern und Problemen das allergrößte Potential steckt sich zu verbessern und zu lernen. Aber auch positive Beispiele sollen zum (nach)denken anregen. Entwickeln sie daraus eigene Ideen ohne Blind abzukupfern.


Leider sind wir (Deutsche?) viel empfänglicher für negative als für positive Aussagen.. wir nehmen sie besser auf. Alle Tageszeitungen, Nachrichten oder Boulevardblätter punkten in ihren Schlagzeilen mit Negativaussagen. Selbst seriöse Nachrichten berichten höchstens am Rand von positiven Dingen. Bombenexplosionen, Tsunamis, Waldbrände beherrschen die Schlagzeilen. Massenentlassungen, Börsencrashs und Firmenpleiten schaffen es in die acht Uhr Nachrichten. Pandemien, Lebensmittelskandale und Quecksilber im Grundwasser werden mit minutenlangen Berichten breitgetreten. Es ist keine Wunder, wenn das Glas der meisten Menschen halb leer ist.


Ich möchte das ändern. Und zwar dadurch, dass ich zwar ebenfalls negative Highlights beleuchte, daraus aber immer positive Strategien und Maßnahmen ableite. Das ist der Weg des menschlichen Unternehmens. Man kann mit einer menschlichen Führung, welche nichts mit Schwäche zu tun hat, eher mit Respekt, im Unternehmen viel Geld sparen. Die Initiative soll durch Beispiel, Ideen und Erfahrungen zum Nachdenken anregen.