Ich erinnere mich noch gut an die Kündigung eines hoch geschätzten Kollegen, der viel für das Unternehmen getan hatte. Aber er hatte auch seit einiger Zeit das Gefühl keine Unterstützung und Anerkennung mehr durch seine Vorgesetzten zu erhalten. Als er dann schließlich kündigte, war es für viele von uns keine Überraschung.
Aber was passierte dann? Keine zwei Tage nach der Kündigung erschienen der Assistent des Vorstandes und der Personalleiter bei ihm im Büro und teilten ihm mit, dass er aufgrund des jetzt fehlenden Vertrauensverhältnisses für den Rest seiner Kündigungsfrist freigestellt werden würde
Annähernd Zeitgleich wurde folgende sinngemäße Bekanntmachung an den Infotafeln im Betrieb ausgehängt:
Bekanntmachung
Hiermit teilen wir ihnen mit, dass wir Herrn Doof* mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben als Abteilungsleiter abberufen und ihn von allen seinen Ämtern freistellen.
Seine bisherigen Aufgaben werden bis auf weiteres durch Herrn Arme* und Frau Sau* übernommen. Bitte unterstützen sie die bewährten Kollegen bei ihren neuen Aufgaben.
Gez.
Vorstand Personalleitung
* Namen natürlich geändert
Keine halbe Stunde später wurden wir dann als Leitungsteam ins Besprechungszimmer berufen und vom Assistenten des Vorstands eindruckvoll aufgeklärt, was der bis dahin so geschätzte Kollege sich bei seiner Kündigung erlaubt hätte und das er, natürlich nur sinngemäß, ab sofort zur Kaste der Aussätzigen gehören würde. Gleichzeitig schien es als hätte er die Büchse der Pandora geöffnet und wäre damit für alle Probleme der Vergangenheit zuständig.
Die Kündigung
oder
…wehe den Besiegten!
Vielleicht haben die Meisten von Ihnen einen ähnlichen Fall so, oder zumindest abgeschwächt, bereits erlebt. Aber was ist hier passiert? Zum einen lässt sich mit einer derartigen Reaktion durch Vorstand, Geschäftführung oder Personalleitung oberflächlich überdecken, das man in der Personalführung kläglich versagt hat. Zum anderen ist so etwas eine willkommene Gelegenheit eigene Versäumnisse und Fehler von sich zu schieben. Der Kollege, der sich nun nicht mehr wehren kann, eignet sich hervorragend als Sündenbock.
Doch der Reihe nach. Vielleicht täusche ich mich, aber ich hege den dringenden Verdacht, dass irgendwann irgendjemand diesen Mitarbeiter eingestellt hat. Also ist auch dieser Irgendjemand für diesen Mitarbeiter verantwortlich gewesen. Wenn das so ist, dann frage ich mich, wo war derjenige, die letzten Wochen oder Monate vor der Kündigung. Wann hat diese Führungskraft diesen Mitarbeiter verloren. Warum konnte man ihn nicht mitnehmen, auf dem Weg, den das Unternehmen gehen wollte.
Hat man sich nicht gekümmert?
Sollte man sich als Vorgesetzter (und das meine ich nicht nur für Vorstände oder Geschäftsführer sondern gilt auch in den ebenen darunter) nicht eher fragen, wann man das letzte Personalgespräch mit diesem Kollegen geführt hat. Gab es Anzeichen dafür? Hat man diese Warnungen außer Acht gelassen?
Ich rate dazu auch in solchen Fällen Haltung zu bewahren. Und eines sollte man jetzt auf jeden Fall tun. Man muss mit dem Mitarbeiter das Gespräch suchen. Und zwar sowohl von Seiten des Vorgesetzten als auch von Seiten des Personalwesens. Es gilt zu analysieren WARUM der Mitarbeiter geht.
Natürlich weis ich, dass nicht jeder Mensch gleich ist. Ich habe aber gelernt, dass man seinen Arbeitsplatz nicht so schnell wechselt. Zumindest dann nicht, wenn man halbwegs zufrieden ist. Bis auf wenige Ausnahmen mal abgesehen. Und es gibt viele gute und berechtigte Gründe für einen Wechsel (Familie, Kariere, Partner etc.).
Auch für ein solches Kündigungsgespräch kann man hervorragend die bereits erwähnte 5Why-Methodik heranziehen. Versuchen sie die tatsächlichen Gründe für die Kündigung herauszufinden. Analysieren sie das Umfeld. Und wie immer in solchen Fällen: Fragen sie sich ernsthaft: Hätte man es verhindern können? Und dann gleichzeitig: Was lernen sie daraus? Wenn die Gründe wirklich im Unternehmen liegen, dann gilt der ernsthafte Hinweis: Wie kann ich aus den Fehlern der Vergangenheit lernen?
Übrigens: Nachtreten tut man nicht. Das gilt für den Sport genau so wie im Umgang mit Anderen. Gibt es Probleme, klären sie sie gleich. Sprechen sie sie an. Aber kleben sie keine Rabattmarken!
Love it, change it, or leave it. Inhaltlich trifft dieser kurze Satz genau das Thema der Eigenmotivation. Die Frage aber muss vielleicht lauten: Wer hat den Mut auch danach zu handeln? Es muss ja nicht gleich wieder in die Ausschließlichkeit der Umsetzung ausarten. Wer kann denn schon sagen, dass er mit seiner Situation wirklich zufrieden ist? Und dass sowohl im beruflichen, als auch im privaten Bereich?
Aber muss man deshalb gleich wechseln? Nein, muss man nicht, und das ist damit auch nicht gemeint. Aber man muss auch ehrlich gegenüber sich selbst bleiben. Hat man wirklich mehr „schlechte“ als „gute“ Tage? Und wenn ja, bin ich auch bereit etwas dagegen oder viel mehr dafür zu tun? Deshalb allem muss man sich fragen: WAS habe ich getan um die Situation zu verbessern? Wenn sie unzufrieden sind mit ihrer Situation (und nochmals, ich meine das Bewusst sowohl im privaten als auch beruflichen Umfeld) stellen sie sich jeden Abend genau diese Frage: Was habe ich getan? Schreiben sie die Antwort auf.
Wenn sie nach drei Monaten das Blatt immer noch nicht voll haben, sollten sie ihre Einstellung überdenken. Vielleicht gehören sie zu den ewig Unzufriedenen. Zu den Dauer-Nörglern. Ja, ich weis: Es ändert sich ja doch nichts. Die wollen hier doch nicht. Was kann ich denn schon tun? Ich sage ihnen: Eine ganze Menge. Auch große Reisen beginnen mit dem ersten Schritt.
Kleines Beispiel: Wenn ich durch den Betrieb gehe, dann bücke ich mich auch nach einem Papierschnipsel der auf dem Boden liegt. Ich habe da mal einen Mitarbeiter beobachtet, der mit offenem Mund zugesehen hat, wie sich so ein Schlipsträger nach einem Stück Papier vor seiner Maschine gebückt hat.
Wenn sie sich aber mehrere Seiten notiert haben (sie dürfen sich ruhig wiederholen) dann dürfen sie sich auch überlegen: Hat es was gebracht? Wenn sie dann nochmals drei Monate jeden Abend zwei Listen ergänzen, dann können sie ein Fazit ziehen. Vielleicht haben sie in der Zeit ja auch noch Gelegenheit gehabt, mit dem einen oder anderen Kollegen vor dem Kaffeeautomaten oder in der Kantine ein Wort zu wechseln. Vielleicht können sie Kollegen dazu gewinnen, sich ihnen anzuschließen. Ein Tropfen kann auf einem heißen Stein verpuffen. Ein halber Liter den Stein schon empfindlich abkühlen. Aber ein Sturzbach wird den Stein mit sich reißen.
Wenn all ihre Bemühungen und permanenten Anstrengungen, wenn ihr Vorleben und ihr gutes Beispiel keine Früchte zeigt, ja noch nicht einmal ein zaghafter Trieb zu erkennen ist, dann sollten sie sich wirklich Fragen: Ist dieses Unternehmen das richtige für mich. Denn dann haben sie gezeigt, ich bin bereit. Ich kämpfe für meine Überzeugungen. Und nochmals meine Bitte: Seien sie ehrlich gegen sich selbst.
Ansonsten rate ich ihnen dringend den Mund zu halten. Wer nichts tut um Probleme zu lösen darf auch nicht meckern! Er arbeitet nicht an Verbesserungen. Er arbeitet nicht an der Problemlösung. Er wird unweigerlich Teil des Problems.
Ach ja, auch derjenige der es versucht (hat), darf nicht meckern! Weil meckern nichts verbessert. Meckern verschlimmert lediglich die Situation. Wie hat der Komedian Dieter Nuhr sinngemäß gesagt: „Wenn man nichts zu sagen hat, einfach mal s’Maul halten!“
Sie dürfen sich fragen: Liebe ich es? Kann ich es ändern? Muss ich gehen? Und warum wechselt man dann doch nicht? In der heutigen Situation, mit den vielen Arbeitslosen, muss man doch froh sein, wenn man einen Job hat. Immerhin sind die Zeiten hart. Stimmt! Aber ich habe auch eine ganz eigene Theorie dazu: Wenn man arbeiten will, und vor allem, wenn man gut ist, dann findet man auch Arbeit.
Kommen wir dann noch zum zweiten großen Phänomen. Dem zuschieben von eigenen Fehlern und Versäumnissen. Gibt es im Unternehmen keine Kultur, das wissen wir bereits, dann wird es schwer. Und das ist natürlich auch im Umgang mit Fehlern so. Werden Fehler von Kollegen und Vorgesetzten erbarmungslos verurteilt, man selbst an den Pranger gestellt, dann wächst im Laufe der Zeit auch die Vertuschungsmentalität. Man wird mehr Zeit dafür aufwenden sich abzusichern und sich möglichst unauffällig verhalten als das man Vorschlage macht Dinge zu verändern und zu verbessern. Immerhin könnte ja auch etwas schief gehen, wenn man etwas probiert.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass in vielen Unternehmen ein ausgeprägtes Konkurrenzdenken vorherrscht. Und ich meine damit nicht die drei Mitarbeiter im Rechnungswesen, die alle gerne stellvertretender Leiter werden wollen. Diese Fälle wollen wir auch noch betrachten. Nein, ich meine die gegenseitige Konkurrenz auf der Ebene der Abteilungsleiter, oder auf der Ebene der Gruppenleiter. Also die merkwürdige Konkurrenz zwischen dem Leiter der Produktion, dem Leiter Vertrieb und dem Leiter Qualität. Oder zwischen dem Meister der Dreherei und dem Meister der Härterei. Also Positionen, die sich eigentlich gegenseitig ausschließen. Kaum ein Produktionsleiter träumt davon ins Qualitätswesen zu wechseln. Und Fachlich übernimmt kaum ein Härte-Spezialist jemals den Lackierbereich. Das sind Ausnahmen.
Und trotzdem gibt es diese Konkurrenz. Warum? Auch das ist einfach zu erklären. Wir sind so aufgewachsen. Unsere Kultur ist entsprechend geprägt. Von klein auf buhlt der Bruder mit der kleinen Schwester um die Aufmerksamkeit der Mutter. Dieses setzt sich in der Schule fort. Prinzipiell ist es völlig egal ob der Nebenmann eine Note besser ist oder nicht. Es ist entscheidend, dass man selbst eine gute Note schreibt. Trotzdem vergleicht man. Trotzdem will man wissen wo man steht.
Sportlich gesehen geht es um das Gewinnen oder Verlieren. Aber natürlich kann das nicht die Mentalität eines funktionierenden Unternehmens sein. Wenn sich solche Verhaltensweisen durchsetzen besteht dringender Handlungsbedarf.
Parallel dazu geht es dann auch ganz schnell das man Schuldige sucht. Eine fatale Situation. Zumindest für das Unternehmen. Und auch für die Mitarbeiter. Aber was kann man dagegen tun?